Beobachter 01/08 Text: Dominique Strebel,Bild: Renate Wernli

Die 13-jährige Sonia Idemudia aus Nigeria muss nicht zurück nach Benin City, sie darf bei ihrem Schweizer Vater und dessen fünfköpfiger Familie in Schwamendingen bleiben.

 

Der Schweizer Vater hatte seine Tochter vor rund drei Jahren illegal in die Schweiz geholt. In dieser kurzen Zeit hat sich Sonia in der Schule bestens integriert und sogar fliessend Schweizerdeutsch gelernt. Trotzdem verfügte das Zürcher Migrationsamt im Frühling letzten Jahres die Ausweisung. Der Regierungsrat bestätigte den Entscheid, obwohl in Nigeria nur die greisen Grosseltern für Sonia hätten sorgen können.

Darauf setzten sich für die Nigerianerin Mitschüler und Schulbehörden ein. Ihr Lehrer Jürg Wiederkehr beschreibt Sonia als «Musterbeispiel für gelungene Integration». Und Marc Spescha, in Ausländerrecht spezialisierter Rechtsanwalt, bezeichnete die Entscheide gegen Sonia als «Katastrophe für unseren Rechtsstaat» (siehe Artikel zum Thema «Ausschaffung: ‹Sonia soll hier bleiben dürfen›»).

Dass das Zürcher Verwaltungsgericht jetzt zu einem andern Schluss kommt als die Vorinstanzen, hat vor allem mit einem neuen Arztbericht des Time Hospital in Benin zu tun. Dieser zeige, dass die 70-jährige Grossmutter an beiden Augen wegen grauen Stars operiert worden sei und der 90-jährige Grossvater an hohem Blutdruck sowie Diabetes leide. «Damit erscheint die Betreuung eines 13-jährigen Mädchens nicht mehr zumutbar», schreiben die Verwaltungsrichter. Andere Betreuungspersonen gebe es nicht: Die Mutter sei untergetaucht, Onkel und Tante weggezogen. Das Gericht erwähnt die besondere Gefahrensituation in Benin City, die als Hauptstadt der Kinderpornographie gelte und eine intakte Betreuungssituation erfordere. Zudem habe der schulpsychologische Dienst des Kantons Zürich festgehalten, dass Sonia mit grossen Ängsten auf eine allfällige Ausweisung reagiere.

Zugleich betont das Verwaltungsgericht, dass es sich bei Sonia Idemudia um einen «speziell gelagerten» Einzelfall handle.

Marc Spescha, Sonias Rechtsanwalt, ist sehr erleichtert über den Entscheid, «weil eine menschliche Tragödie verhindert wurde». Kritisch führt er aber an, dass bereits Migrationsamt und Regierungsrat über die äusserst prekären Betreuungsverhältnisse und den verschlechterten Gesundheitszustand der Grosseltern informiert waren. «Sie hätten daher im Zweifelsfall durch eine Anhörung Sonias ein authentisches Bild der Verhältnisse gewinnen und bereits von sich aus längst Klarheit schaffen können.»