Sehr geehrte Redaktion

Ich habe heute erst den genannten Artikel gelesen.

Zunächst möchte ich Ihnen danken, dass Sie das Thema häusliche Gewalt thematisieren. Ich finde es wichtig, dass diese Themen in der Gesellschaft diskutiert werden, viel zu gross sind die Dunkelziffern solcher Fälle.

Dennoch muss ich Ihren Artikel scharf kritisieren. Einmal mehr wird hier häusliche Gewalt mit männlicher Gewalt gleichgestellt. Häusliche Gewalt ist ein unentschuldbares Vergehen doch es ist kein männliches Problem sondern ein menschliches. Es gibt etliche wissenschaftliche Untersuchungen welche belegen, dass auch Frauen zu Täterinnen werden und Männer zu Opfer. Studien in Deutschland (Gerhard Amendt, und Michael Bock) gehen von Täterinnen-Anteilen bis zu 50% aus. Auch schweizerische Studien sprechen von rund 20% Täterinnen.

Diese Seite wird leider stets weggelassen. Die Opfer dieser weiblichen Gewalt werden dadurch ein zweites Mal zu Opfern, dann nämlich wenn ihnen niemand glaubt, sie niemand wahr nimmt und ihnen vorallem niemand hilft.

Sie führen 3 Beispiele von Frauen an, welche von ihren Männern geschlagen wurden. Ich kann Ihnen mit Leichtigkeit 10 Fälle bringen von Männern welche Gewalt durch ihre Partnerinnen erleben mussten. Ich selbst gehöre übrigens ebenfalls dazu. Ich kann Ihnen aus eigener Erfahrung berichten, wie sehr man sich als Mann in dieser Situation allein gelassen fühlt.

Sie erzählen weiter, wie die betroffenen Frauen sich ins Frauenhaus flüchteten – wohin soll Ihrer Meinung nach ein betroffener Mann flüchten?
Häufig wird dann geantwortet, er könne ja gehen. Gerade aber die Angst um die Kinder ist es ja, was viele Frauen bei ihren gewalttätigen Männern bleiben lässt. Und genau diese Angst bringt auch im umgekehrten Fall die Männer dazu, bei ihren Frauen zu bleiben. Sie könnten wohl gehen, jedoch müssten sie die Kinder zurücklassen. Und keine Frau würde wohl ihre Kinder bei einem gewalttätigen Mann zurücklassen – kein Mann im umgekehrten Fall bei der Frau!

Doch für Männer gibt es in dieser Situation keine Auffangorganisationen – kein Frauenhaus, keine Beratungsstellen. Polizei und Opferhilfe geben sich betont gelangweilt, fühlen sich nicht zuständig oder erklären einem schlicht für "selber schuld" Originalton eines Polizisten auf meine diesbezügliche Anzeige war "Gehen Sie nach Hause und regeln Sie das wie ein Mann!" Was immer er damit gemeint haben mag!

Ich würde mir gerade vom Beobachter eine etwas ausgewogenere Berichterstattung wünschen. Ich halte den Beobachter für eine ausgezeichnete Zeitung und würde darum sehr gerne einen Artikel über häusliche Gewalt lesen, in welchem auch die Seite der männlichen Opfer zum Zuge kommt.

Übrigens ist der Hinweis auf das mannebüro nahezu zynisch. Genau dorthin wird man im besten Fall nämlich von Behörden verwiesen, wenn man sich als verzweifeltes Opfer meldet. Sie können sich bestimmt vorstellen, wie mann sich fühlt, wenn man auf der Suche nach Hilfe auf eine Website gelangt auf welcher steht: "Das mannebüro züri berät Männer, die Gewalt gegenüber der Partnerin einsetzen".

Gerne stehe ich Ihnen als Gesprächspartner zu diesem Thema zur Verfügung. In userem Verein finden sich viele Männer die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und auch bereit sind, darüber zu reden.