Das Bundesgericht setzt Leitlinien zur alternierenden Obhut.

Darin kündigt das Bundesgericht an, Leitplanken für die Umsetzung der alternierenden Obhut zu gestalten. Dies ist an sich zu begrüssen, da dadurch bereits vor Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechtes für die Gerichte klar ist, wohin die Reise gehen wird.
Die sogenannten Leitlinien des Bundesgerichtes entpuppen sich bei näherem Hinsehen als ziemliche Gemeinplätze. Die Eltern müssen *erziehungsfähig” sein, sie dürfen nicht zu weit auseinander wohnen, solche Dinge werden vom Bundesgericht angeführt. Das alles sind ja noch nachvollziehbare Begründungen.

Dann aber kommt wieder einmal mehr das unvermeidliche Argument, die Eltern müssten “ein gutes Einvernehmen” haben, ansonsten sei alternierende Obhut nicht möglich.

Und genau hier irrt das Bundesgericht, so wie viele andere Instanzen und Fachleute auch.
Natürlich wäre es wünschbar, dass die Eltern ein gutes Einvernehmen haben. Man darf aber nicht ausser Acht lassen, dass mit dieser Haltung eben genau das Gegenteil geschieht. Wenn allgemein bekannt ist, dass ein kleines Bisschen Streit, ein wenig Verweigerung schon reicht, um seine Alleinbesitzansprüche durch zu setzen, dann werden Anwälte genau dazu raten, werden Menschen zu genau diesem Mittel greifen. Und schwupss, wird das Gericht erkennen, “die Eltern streiten sich”, auch wenn eben entgegen landläufiger Ansicht nicht immer zwei zum Streiten nötig sind, es reicht auch ein Mensch dafür.

Wir brauchen dringend mehr Fachwissen in den Gerichten. Wissen über psychologische Settings, über Entfremdung, über das, was sich in Familien in Trennung/Scheidung abspielt und warum.

Erst dann können unsere Gerichte korrekte Urteile erarbeiten und erst dann sind die Leitlinien des Bundesgerichtes auch wirklich sinnvoll anwendbar.

Artikel dazu in der NZZ vom 20. Oktober 2016