Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung des Sorgerechts für unverheiratete Väter für verfassungswidrig erklärt. Derzeit können Betroffene nur mit Zustimmung der Mutter ein gemeinsames Sorgerecht erhalten – dies verstoße gegen das grundgesetzlich geschützte Elternrecht.  

(c) August 2010 Spiegel Online

Karlsruhe – Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat den Vorrang unverheirateter Mütter beim Sorgerecht gekippt. Mit der am Dienstag veröffentlichten Entscheidung können Mütter ohne Trauschein das Sorgerecht des Vaters für das gemeinsame Kind nicht mehr generell verweigern.

Ab sofort müssen Familiengerichte das gemeinsame Sorgerecht von Vater und Mutter anordnen, wenn das dem Kindeswohl entspricht. Die Verfassungshüter setzten damit ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009 um. Es hatte gerügt, dass das deutsche Kindschaftsrecht ledige Mütter gegenüber den Vätern bevorzuge.

Dem Straßburger Urteil zufolge verstößt die deutsche Regelung, wonach ledige Väter ein gemeinsames Sorgerecht nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Mutter des Kindes erhalten können, gegen das Diskriminierungsverbot in der Europäischen Menschenrechtskonvention.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte mit Blick auf das Straßburger Urteil erst vor wenigen Tagen eine Gesetzesänderung zugunsten lediger Väter angekündigt.Die Verfassungsbeschwerde eines Mannes aus Nordrhein-Westfalen, der Vater eines 1998 nichtehelich geborenen Sohnes ist, hatte damit Erfolg. Der Vater und die Mutter des Jungen hatten sich noch während der Schwangerschaft getrennt. Seit seiner Geburt lebt das Kind im Haushalt der Mutter, hat aber regelmäßig Umgang mit seinem Vater. Die Mutter verweigerte eine Erklärung zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge.

Einen dagegen gerichteten Antrag des Vaters hatte das Amtsgericht Bad Oeynhausen mit Blick auf die bestehende Rechtslage zurückgewiesen. Die hiergegen beim Oberlandesgericht Hamm eingelegte Beschwerde blieb ohne Erfolg. Deshalb reichte der ledige Vater Verfassungsbeschwerde ein.

(Aktenzeichen: Bundesverfassungsgericht 420/09) 

Kommentar des VeV 

Ganz im Gegensatz zum schweizerischen Bundesgericht, hat das höchste deutsche Gericht ein deutliches Signal zugunsten der (ledigen) Väter gesetzt.

Während das schweizerische Bundesgericht in vorauseilendem Gehorsam bereits vor der Einführung schon das gemeinsame Sorgerecht beschneidet (siehe auch hier), folgt das Bundesverfassungsgericht dem Urteil des europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009 und erklärt das Vetorecht der ledigen Mutter für gesetzeswidrig! Damit wird die Position unverheirateter Väter in Deutschland markant gestärkt. Details dazu findet man hier

Die Neuregelung des gemeinsamen Sorgerechtes steht auch in der Schweiz quasi vor der Tür – noch in diesem Jahr will der Bundesrat seine lang erwartete Botschaft dazu ins Parlament bringen. Allerdings wurde schon im Dezember 2009 bekannt, dass auch im neuen Entwurf die unverheirateten Väter schlechter dastehen werden, sollen sie doch lediglich ein Antragsrecht bekommen.

Es bleibt zu hoffen, dass dieser Entscheid aus Deutschland auch hierzulande die Richtung vorgibt, nämlich dahin, dass Eltern grundsätzlich beide sorgeberechtigt sein sollten, ausser im Falle von begründeten Bedenken dagegen. Nur diese Fälle sollten vor Gericht gelöst werden müssen.